Dienstag, 30. September 2014

Day 8 - Zurück nach Hause

Bevor uns heute der Bus zum Flughafen bringt, nehmen uns die israelischen Hosts für eine Stunde in ihre Schule mit. Dort teilt sich unsere Gruppe auf und geht in verschiedene Räume hinein. Ich bin in einer Klasse für Computer Science gelandet (das ist hier der Informatikunterricht). Die Rechner sehen ziemlich vorsinnflutartig aus, so wie auch die ganze Schule. Die Wände sind aber häufig mit Plakaten und Jahrgangsfotos tapeziert; israelische Flaggen, oder zumindest die Farben, tauchen natürlich immer wieder auf. Eine Art Schulkleidung ist hier auch Pflicht. Die besteht zwar nur aus einem T-Shirt mit dem Schullogo, aber ohne das wird man nicht aufs Gelände gelassen. Die Farbe spielt dagegen keine Rolle, weshalb dieses lästige Gefühl einer Uniform nicht aufkommt.
Es ist unglaublich, wie laut eine Klasse um acht Uhr morgens schon sein kann - die Elftklässler reden in schnellem Hebräisch aufeinander ein oder rufen sich quer durch kleinen Raum etwas zu; wenn einer anfängt zu lachen, dann stimmen plötzlich mehrere Schüler mit ein und die Lautstärke, die sowieso schon nicht mit der in deutschen Klassenzimmern zu vergleichen ist, schwillt noch mehr an. Um diese Uhrzeit schläft bei uns zuhause normalerweise die Hälfte der Klasse. Die andere Hälfte schleicht im Zombie-Modus durch den Gang und redet nur das Nötigste.
Hier ist das ganz anders. Die Israelis sind noch aufgescheuchter als sonst und rufen wild Fragen hinein, nachdem wir uns kurz vorgestellt haben. So macht es wirklich Spaß, sich ein paar Minuten auszutauschen.

Die Zeit drängt, das Flugzeug wartet nicht. Jetzt heißt es Abschied nehmen. Als wir unsere Koffer zum Parkplatz schleppen, wird mir bewusst, dass es jetzt wirklich vorbei ist. Bevor wir alle in den Bus klettern, gibt es ein großes Umarmen und Verabschieden. Bei uns sowie bei unseren Gastgebern werden sogar ein paar Tränen verdrückt. Der Wunsch nach einem Gewitter, dass den Abflug cancelt oder danach, dass die Reifen des Busses auf misteriöse Weise platzen, geht letztendlich doch nicht in Erfüllung. Schließlich sitzen alle im Bus und wir winken den Israelis zum Abschied. Dann biegen wir um eine Kurve und sie sind außer Sichtweite.

Im Flughafen wartet ein Marathon auf uns - ein Marathon aus Sicherheitskontrollen. Jeder Koffer wird nach dem Durchleuchten gründlichst gefilzt, einige sogar zweimal, und wir werden zu den unsinnigsten Dingen befragt. Wieso genau es eine Rolle spielt, wo ich ein Glas Honig gekauft habe oder warum unbedingt alle mitgeführten Bücher Seite für Seite durchgeblättert werden müssen, ist mir schleierhaft. Und wenn ich wirklich gewisse Dinge zu verstecken hätte, dann würde ich das nicht in meinen löchrigen Schuhen tun.
Zweieinhalb Stunden später (und das durch pures Warten, Checks durchlaufen sowie zweimal mit einem Shuttle den Flugplatz überqueren) ist es endlich erlaubt, ins Flugzeug zu steigen. Diesmal ist es hell, also kann ich noch ein letzten Blick auf die Stadt werfen, die unter uns schnell kleiner wird. Ist dort der Strand, wo ein paar Tage zuvor im Dunkeln Frisbee gespielt haben? Es kann natürlich täuschen, aber der Gedanke daran ist verdammt schön.
Das Flugzeug dreht aufs Meer hinaus und die Küste mit Tel Aviv bleibt hinter uns zurück. Wir stoßen durch die Wolkendecke und jetzt ist das 'Heilige Land' verschwunden.
Aber wer weiß, vielleicht ist es für manche von uns kein Abschied für immer.



Montag, 29. September 2014

Day 7/Part II - A last night

Heute ist unser letzter Abend in Israel. Also höchste Zeit, noch ein paar Sachen für zuhause zu besorgen. Vom Basar nehme ich Gewürze und schwarzen Tee mit, außerdem israelischen Wein und Halva, eine Süßspeise aus gemahlenem Sesam oder Grieß mit Honig und Nüssen darin. Die gibt es in großen Blöcken, die ein wenig an Käseräder erinnern und von denen man sich einfach ein Stück abschneidet. Halva ist eines der süßesten Dinge, die ich hier jemals gegessen habe, und das will bei all den getrockneten Datteln und dem Blätterteiggebäck schon etwas heißen.
In der Wohnung müssen wir schon einmal unsere Koffer packen, denn morgen früh wird dafür keine Zeit bleiben. Die schnellste Methode: alle Klamotten hineinwerfen und hoffen, dass die Gewichtsgrenze nicht überschritten wird. Aber wieso müssen wir überhaupt jetzt schon packen? Wo ist nur die Zeit geblieben?
Das fragen wir uns wahrscheinlich alle. Und deshalb wäre es am schönsten, den allerletzten Abend mit unserer ganzen Austauschgruppe zu verbringen. Das erweist sich aber als etwas schwierig - unsere Hosts haben versucht, etwas mit allen zu organisieren, nur gibt es ein paar Probleme bei der Absprache und einige Leute wollen unbedingt eigene Pläne machen.
So verbringen wir den Abend in getrennten Gruppen, was ziemlich schade ist. Gerade heute hätten wir uns lieber noch einmal mit allen zusammen getroffen, als Ausklang des Exchanges. Trotzdem werden es ein paar schöne Stunden - und wer kann schon als Sechzehnjähriger von sich sagen, in einer Billiardhalle in Tel Aviv das Spielen gelernt zu haben. (Oder besser gesagt: gelernt zu haben, wie man sich nicht vollkommen blamiert.)
Vor dem Einschlafen denke ich zurück: Vor einer Woche sind wir in Israel angekommen und jetzt fühlt es sich an, als wären wir schon Monate hier. Es waren soviele Eindrücke und soviele Orte, die wir gesehen haben, ganz zu schweigen vom Leben in den Gastfamilien. Durch diese Nähe sind wir mittendrin in der hebräischen Realität. Das ist sehr aufregend, und vor allem in vielen Dingen so anders als in Deutschland. Aber gerade deshalb ist es so wichtig, sich auch einmal von seiner eigenen, bekannten Kultur zu lösen und in andere Lebensweisen hineinzuschnuppern. Für viel mehr als dieses "Schnuppern" blieb leider kaum Zeit, denn morgen müssen wir uns wieder verabschieden...

Samstag, 27. September 2014

Day 7/Part I - Trip to Caesarea

Als ich aufwache, zeigt die Uhr halb elf. Wir wollten heute eigentlich zeitig aufstehen, um nach Ceasarea zu fahren, das etwas über eine Autostunde entfernt ist. Leider hat bis auf die Gastmutter die ganze Familie verschlafen und liegt noch in den Federn. Aber nach einem schnellen Frühstück entscheiden wir uns, trotz der Hitze und dem Verkehr loszufahren.
Im Auto merken wir dann einmal mehr, was hier überhaupt die ganze Zeit im Radio läuft: das reinste Retro-Gedudel. Es kommt schon einem kleinen Kulturschock gleich, mit Modern Talking im Hintergrund an den Gebäuden des israelischen Geheimdienstes vorbeizufahren. Auch "And when the rain begins to fall" hat hier eine gewisse Ironie - bei geschätzt zehn Regentagen pro Jahr.
Caesarea ist eine altes römisches Dorf, das damals von König Herodes gebaut wurde. Jetzt stehen davon nur noch die Ruinen. Es liegt direkt am Meer und zwischen den Resten von alten Bädern und Mosaiken brutzelt uns die Sonne. Das Amphitheater von damals wurde restauriert und jetzt noch gibt es hier Konzerte und Shows. An dem kleinen Sandstrand kühlen wir uns im Wasser ab, bevor es wieder zurück geht.



Wie befürchtet geraten wir mitten in die Rush-Hour. Auf der Autobahn ist es verdammt voll, aber so bleibt Zeit für einen langen Blick nach links, auf die palästinensischen Siedlungen. Die Straße verläuft unmittelbar neben der Mauer, die hier Israel begrenzt. Sechs Meter hoch und oben mit einem Elektrozaun dekoriert. Von palästinensischer Seite sieht man nur eine erdrückende Betonwand. Auf unserer, der israelischen Seite ist ein Erdwall davor aufgeschüttet, der mit Blumen und Sträuchern bepflanzt das mulmige Gefühl im Bauch ein wenig dämpft. Und das ist vermutlich auch so gewollt.

Day 6 - Trip to Yafo

Seit gestern haben wir den Rest der Reise mehr oder weniger Freizeit. Die letzten Tage waren so voll mit neuen Eindrücken, dass es gut tut, diese ersteinmal sacken zu lassen. Ohne Zeit zum Durchatmen wäre es ziemlich hart, all das Unbekannte zu verarbeiten.

Wegen dem Neujahrsfest haben die Israelis drei Tage Ferien, also verbringen wir die restlichen Zeit der Reise mit ihnen. Heute macht aber die ganze Gruppe noch einen Ausflug nach Yafo, einen Vorort nicht weit von Tel Aviv. Diese kleine Stadt ist sogar älter als Jerusalem und die engen verwinkelten Gassen sind sehr ähnlich gebaut. In einer dieser Gassen sind kleine Fliesen an der Mauer angebracht, auf denen zwölf Sternzeichen aufgemalt sind. Unten auf der Promenade ist sehr viel los. Wir schlendern zwischen den Ständen herum und finden ein paar hübsche Kleinigkeiten.



Den restlichen Nachmittag verstreut sich unsere Gruppe aber über den Strand. Heute sind die Wellen noch viel höher, ein Traum für alle Surfer. Man kann sich kaum auf den Beinen halten, so stark ist die Unterströmung, und mich reißt es mehr als einmal komplett um. Später wird der Strand wegen dem Wellengang sogar für Badende geschlossen. Wir dösen in der Sonne herum, bis es am Abend zurück nach Holon geht.

Freitag, 26. September 2014

Day 5 - Free Day

Heute ist der erste Tag des neuen Jahres im Judentum - also schulfrei. Das bedeutet, wir und unsere Hosts können ausschlafen. Die Zwillingsschwestern Eden und Jessica haben Geburtstag, deswegen werde ich vom Lärm im Wohnzimmer geweckt, der klingt, als wäre die ganze Wohnung voller Gratulanten. In Wirklichkeit sind es nur drei ihrer Freundinnen, aber Israelis machen einfach immer doppelt soviel Krach wie wir. Es gibt ein spätes Geburtstagsfrühstück und danach fahren wir in die City von Tel Aviv. Christian, der Gastvater, scheucht uns mit einer Kamera bewaffnet von einem Ort zum nächsten - ich fühle mich wie bei einem Fotoshooting.
Den Rest des Tages verbringen wir am Strand. Die Wellen sind total hoch und wir springen wie die kleinen Kinder im Wasser herum.
Am Abend steht die Geburtstagsparty der beiden an. Das Problem ist, dass anscheinend eine ganze Horde israelischer Jungs gekommen ist, mit denen niemand wirklich gerechnet hat. Das heißt, die kleine Wohnung ist so vollgestopft, dass man weder die eigenen Worte noch die eigenen Gedanken verstehen kann.
Die Nacht wird noch ziemlich lang, aber nachdem wir uns nach draußen verlagert haben, werden die Kopfschmerzen langsam besser. Gegen halb drei Uhr morgens falle ich endlich völlig kaputtgespielt ins Bett.

Day 4/Part II - Rosh Hashana

Nach der Rückankunft aus Jerusalem bleibt bis zum Abend noch ein bisschen Zeit zum Entspannen. Dann kommen die Eltern unserer Gastmutter und es gibt ein großes Abendessen. Rosh Hashana - das Neujahrsfest - verbringt jede Familie zu Hause, die religiösen gehen auch in die Synagoge. Traditionell gibt es an diesem Abend mehr Süßspeisen als sonst. Deshalb wünscht man sich auch ein Frohes und Süßes Neues Jahr. Dabei werden Apfelstücke in Honig getaucht und der siebenarmige Chanukka-Leuchter angezündet.
Unsere Gastfamilie ist aber nicht religiös und pflegt auch keine besonderen Traditionen. Hier wird an dem Abend nur ein Toast auf Gesundheit und Glück ausgesprochen und dann gibt es die verschiedensten Sachen zu essen: das typische Brot, von dem sich jeder etwas abbricht, gefüllte Paprika, süßer Gewürzreis, Gemüseauflauf, Hummus, Salat, Oliven... Zum Nachtisch mehrere Kuchen und natürlich Datteln & Granatäpfel.


Wir sitzen den ganzen Abend zusammen und reden. Es ist ein bisschen wie unser Weihnachten, nur ohne Geschenke. Wir werden einfach so in den Kreis einer quasi fremden Familie aufgenommen und das funktioniert wirklich einfacher als gedacht. Unser gewissermaßen "Gast-Großvater" spricht sogar Jiddisch und versteht deshalb ein bisschen Deutsch. Beim Abschied antwortet er auf mein einfaches 'Bye' sogar (wenn auch sehr gebrochen) mit 'Auf Wiedersehen'.
Shana Tova! - Frohes Neues Jahr!

Day 4/Part I - Jerusalem

Heute fahren wir direkt nach Jerusalem hinein (gestern war es nur ein kurzer Zwischenstopp).
Die Häuser bestehen hier aus dem typischen Kalkstein, dem "Marmor von Jerusalem". Er ist sehr hell, was die hohen Mauern nicht so beengend wirken lässt. Denn Mauern gibt es in der Altstadt überall. Nicht nur die Viertel der Palästinenser, der Juden und der Christen sind voneinander abgegrenzt. Auch innerhalb wurden früher viele Mauern gebaut, aus Angst vor den "Nachbarn".
Wir betreten das ursprüngliche Jerusalem durch Jaffa Gate, das Jaffa Tor. Im Vergleich zu der neuen Stadt ist das eine andere Welt.


 Verwinkelte Gassen, holpriges Pflaster und alle paar Meter ein geheiligter Ort. Hier sollen angeblich die Maria's und David's Gebeine liegen. Da setzt auf einmal ein alter Gläubiger zu seinem klagenden Gebetsgesang an. Durch das Kerzenlicht und die betenden Frauen, die in bunte Tücher gehüllt sind, fühle ich mich an ein Märchen aus 'Tausend und einer Nacht' erinnert.

Der Platz vor der Klagemauer ist kleiner als gedacht. Männer und Frauen sind durch einen Zaun voneinander getrennt; sie stehen betend vor der Mauer oder schreiben ihre Wünsche und Klagen auf einen Zettel, den sie dann in eine der wenigen noch freien Mauerritzen stecken. Nur die weißen Plastikstühle wirken fehl am Platz.



 Gleich bei der Mauer ist ein arabischer Basar, auf dem wir ein wenig allein herumlaufen dürfen. Der Plan, Mitbringsel für Zuhause zu kaufen, geht aber nicht ganz auf - zu dritt irren wir plötzlich auf der Suche nach dem Treffpunkt herum. Es ist zu verwinkelt.
Jeder Stand sieht gleich aus. Krampfhaft versuchen wir, uns irgendwie an den Weg zu erinnern und ich werde leicht panisch. Viele Ausgänge sind jetzt auch schon wegen dem Vorabend des Neujahrsfestes geschlossen und die Polizei lässt niemanden mehr durch. Aber nach einer knappen Stunde finden wir zum Glück doch den Rest der Gruppe wieder. Zeit und Muse zum Kleinigkeiten kaufen war so zwar nicht, aber ich bin ziemlich erleichtert, dass wir uns nicht vollkommen heillos verlaufen haben.

Day 3/Part III - Gesalzen nach Holon zurück

Vom Toten Meer nach Jerusalem muss der Bus ungefähr 900 Höhenmeter überwinden und das auf einer Strecke von 20 km. Plötzlich ist die Wüste verschwunden und wir sind in der Stadt. Der Blick über Jerusalem ist schlichtweg überwältigend. Die Stadt liegt in einem Tal, aber die hellen Häuser überziehen auch die nahen Hügel. Von einem Minarett klingt Muezin-Gesang herüber, die goldenen Kuppel einer Synagoge glänzt im Sonnenlicht und gleichzeitig wird dazwischen an einer monströsen Autobahnbrücke gebaut. Bei diesem Blick bleibt mir kurz der Atem weg.
Bis nach Holon dauert es dann nur noch eine Stunde. Insgesamt haben wir aber heute einen Großteil von Israels Norden durchquert und so wird richtig deutlich, wie klein das Land eigentlich ist.

Donnerstag, 25. September 2014

Day 3/Part II - Schwerelos im Toten Meer

Abfahrt am See Genezareth.
Die Straße führt uns um den See herum, durch mehrere Dörfer und am ersten jüdischen Kibbutz vorbei. Ein paar mal steigen wir aus, um in eine kleine Kirche anzuschauen. Alles ist hier heilig, jeder Stein, jeder Olivenbaum, jeder Grabhügel irgendeines Rabbiners. Schultern und Beine zu bedecken ist immer Pflicht. Abgesehen von all der Heiligkeit ist die Landschaft hier nahe der Grenze zu Jordanien wirklich extrem schön. Im Jordanfluss findet gerade eine russisch-orthodoxe Taufe statt. Der Priester in seinem langen schwarzen Gewand mit grauem Kräuselbart schwenkt Weihrauch herum und taucht dann die beiden Kinder dreimal komplett in den Fluss. Etwas makaber sieht das schon aus und das Geschrei ist vorprogrammiert, aber offensichtlich muss das jeder Gläubige einmal durchmachen.

Eine ganze Weile geht es durch die Wüste voller Steine und sonnenverdorrtem Gestrüpp. Hier ist das Land so schmal, dass links neben uns die Grenze zu Jordanien verläuft, während man auf der rechten Seite schon Palästina sieht. Dabei handelt sich es um Zone C, die eine von drei palästinensisch besetzten Gebieten, durch die wir sicher fahren können. Israel besitzt hier zwar keine Macht, aber einen gewisse 'Garantie' auf Sicherheit.

Wir erreichen das Tote Meer inmitten der Wüste, bei 37° C und praller Sonne. Beim Kibbutz En Gedi klettern wir den steilen Geröllweg zum "Strand" hinunter. Dort gibt es nur Steine, verdammt heiße Steine. Stehenbleiben ist schlichtweg nicht möglich, also werfen wir die Handtücher ans Ufer und ab geht es ins Wasser.
Bei den ersten paar Schritten fängt jede noch so kleine Wunde zu brennen an, aber nach ein paar Minuten ist es auszuhalten. Ich lasse mich einfach rückwärts fallen. Und es stimmt - man treibt einfach wie ein Korken auf der Wasseroberfläche. Bis jetzt wollte ich das nicht glauben, aber es funktioniert wirklich. Und mehr als das: es ist sogar gar nicht so leicht, die Beine wieder nach unten zu drehen oder sich überhaupt in die Position zu bringen, in die man will. Das badewannenwarme Wasser ist mit einer Art Film von dem Salz bedeckt. Knapp unter der Oberfläche werfen die Schlieren tanzende Schattenmuster auf meine Haut. Ein paar Spritzer Wasser kommen auf meine Lippen und ich mache den Fehler, sie abzulecken. Es schmeckt so salzig, dass der Geschmack eher sauer ist. Wir müssen höllisch aufpassen, dass wir keinen Tropfen in die Augen bekommen oder Wasser schlucken. Die Süßwasserdusche nach dem Baden ist wie eine Erlösung und danach fühlt sich die Haut sehr weich und angenehm an.


Als wir entlang des Toten Meeres zurückfahren (viel zu früh, für meinen Geschmack) und die Spiegelungen der Berge, die ausgetrockneten Uferstreifen und die Salzwüste bestaunen, wird uns erst so richtig klar, was wir eigentlich gerade machen. An einem Tag quer durch Israel, im Toten Meer schwimmen (oder sich vielmehr treiben lassen), durch palästinensische Grenzkontrollen, zwischen einer ausgedörrten Mondlandschaft und fruchtbaren Avocadoplantagen hindurchfahren. Es ist ziemlich überwältigend, denn bis jetzt war dieses Bild von jemandem, der zeitunglesend und schwerelos auf dem Wasser treibt, einfach zu weit weg. Ich hätte mir nicht träumen lassen, das wirklich selbst zu erleben.

Mittwoch, 24. September 2014

Day 3/Part I - Zum Sonnenaufgang im Lake von Galilaea

Als der Wecker um zehn nach sechs klingelt, weiß ich ein paar Sekunden lang nicht, wo ich bin. Zu kurz war die letzte Nacht. Aber dann fällt es leichter als gedacht, sich ein Handtuch zu schnappen und barfuss aus dem Zimmer zu schleichen, hinunter zum See, zum Sonnenaufgang. Der Himmel ist etwas verschleiert und die Golan-Höhen auf der anderen Seite liegen halb in einem Dunstschleier verborgen. Hinter den Hängen wird der Horizont schon rot. Natürlich schiebt sich genau vor diese Stelle ein Wolkenfetzen, aber das Licht scheint trotzdem hindurch. Jetzt werden die Silouetten der Berge deutlicher, auf den Kuppen erkennt man verschwommen die Umrisse der jüdischen Dörfer.
Die Sonne klettert weiter hinauf und der erste Sonnenstrahl blinkt uns entgegen. Das Licht verändert sich im Minutentakt. Kurz sah es so aus, als wäre der orangefarbene Ball geteilt, da ein Wolkenfetzen genau davorhing, aber nun ist es schon so hell, dass man geblendet wird. Ich bin zwar absolut nicht gläubig, aber die Strahlen unterstreichen irgendwie die Stimmung von diesem heiligen Ort. Der Morgen wirkt fast andächtig.
In dem Moment gibt es kaum eine schönere Art aufzuwachen, als hier durch das warme Wasser zu schwimmen und die Ruhe zu genießen.


Day 2/Part II - See Genezareth

Nach dem Besuch in Akko fahren wir zu unserem eigentlichen Ziel fuer heute: der See Genezareth. Das ist der einzige Süßwassersee Israels, 200 Meter unter dem Meeresspiegel.
Bevor wir den Lake of Galiläa (wir er hier genannt wird) erreichen, müssen wir ein ganzes Stück ins Landesinnere fahren. Die Landschaft wird grüner, da es hier mehr Wasser gibt und neben der Straße wechseln sich verschiedene Plantagen fuer Granatapfel, Oliven, Bananen oder Mango ab. Nach und nach schließen uns die Bergen ein, ab und zu kommen wir an kleineren jüdischen und auch arabischen Dörfern vorbei.

Bis jetzt verlief der Tag für meinen Geschmack ein bisschen zu touristenmässig. Unser Guide Schmulik Lahar, der schon mit bei uns in Deutschland war, hat uns mal wieder etwas gelangweilt mit seinen endlosen Ausschweifungen über die heiligen Stätten hier. Das Meiste ist sehr interessant - keine Frage - aber es ist schlichtweg nicht möglich, sich bei sovielen Informationen lange zu konzentrieren.
Jetzt legt Schmulik jedenfalls eine selbstgebrannte CD ins Busradio ein. Uns graut Böses... aber dann tanzt er auf einmal zu den ersten Takten von "The Rivers of Babylon" den Gang herauf- und herunter. Ich pruste los. Das ist auch eine Idee, die Motivation von dieser Gruppe wieder hochzuschrauben. Wir klatschen und singen bei "YMCA" mit und so bewegt sich der Bus durch das Stop & Go.



Die Jugendherberge am See hat einen wirklich hübschen Innenhof mit Palmen, offenen Gängen, Steinpflaster, Wasserbecken, Blumen. Das Wasser ist kaum eine Minute entfernt, aber einen richtigen Sandstrand gibt es nicht, das Ufer ist voller Steine und Muscheln. Ein Soldat in Zivil steht lässig mit den Gewehr über der Schulter am Wasser. Eine Art Bademeister & Security in einer Person. Nur auf israelisch. Hin und wieder fliegt ein Flugzeug, wahrscheinlich von der Armee, über uns hinweg. Schmulik meint, früher hätte man manchmal von Norden, vom Libanon her, ein Donnern gehört - das war von den Raketenschüssen. Aber hier wären wir dadurch nicht in Gefahr. Das alles ist ein ziemlich krasser Gegensatz zu der friedlichen Abendszene. Die untergehende Sonne taucht alles in ein warmes Licht, und schon ist unsere ganze Gruppe im Wasser. Eine Wohltat nach der Hitze des Tages.
Am Abend setzen wir uns alle bis in die Nacht in den Garten. Um Mitternacht gibt es Geburtstagskuchen und ein Ständchen, da Felix heute 18 Jahre alt wird. Einen schöneren Ort hätte er sich dafür kaum aussuchen können. Und so ist der Tag noch sehr entspannt ausgeklungen.

Day 2/Part I - Am Mittelmeer entlang in Richtung Norden


Heute geht es für zwei Tage auf einen Trip in den Norden; zuerst nach Haifa, wo der größte Hafen Israels liegt. Langsam kann ich die Strecke zum Bus nachvollziehen. Nicht mehr jede Ecke des Viertels sieht gleich aus und an manche Gebäude kann ich mich sogar erinnern. Die Grundschule, das Theater, die Bibliothek, eine Art zentralen Platz wo sich abends die Jugendlichen mit ihren E-Bikes verabreden. (Hier sind anscheinend "E-Bike-Gangs" normal, Skater sieht man nirgendwo.)
Manchmal ist zwischen den Häusern eine unbebaute Fläche frei. Dort ist nichts außer Sand und verdorrtes Gras, vereinzelt etwas Gestrüpp. So sah es früher hier überall aus, bis die Stadt quasi aus dem Boden gestampft wurde, erzählt der Gastvater. Jetzt besteht Tel Aviv eigentlich aus mehreren Städten, die fließend ineinander übergehen. Wir wohnen im Stadtteil Holon (Hol bedeutet Sand auf Hebräisch, den früher gab es hier nichts als Sand).

Während wir uns durch das allmorgentliche Stop & Go kämpfen, verändert sich das Stadtbild. Hell verschachtelte Hochhäuser ziehen an uns vorbei. Wir kommen in ein ärmeres Viertel, wo der Putz von den Balkonen bröckelt und die bepflanzten Verkehrsinseln rar werden. Dahinter liegt dann das eigentliche Tel Aviv, das an eine kleinere Ausgabe von Manhattan erinnert. Seit den letzten dreißig Jahren hat man vierzigstöckige Hochhäuser gebaut, weil in diesem überfüllten Ballungsraum dringend Platz für die vielen Menschen gebraucht wird.

Oberhalb von Tel Aviv kommen wir durch die schmalste Stelle Israels - ganze 22 Kilometer vom Mittelmeer bis zur Grenze auf unserer rechten Seite. Dahinter liegt schon Palästina.

Wir fahren weiter an den Sanddünen und Bananenplantagen vorbei in die Stadt Haifa. Hier gibt es keine Wolkenkratzer und auch keine Stadtautobahn. Vielmehr erinnern die Häuser an Jerusalem, denn sie bestehen hier meist aus grob gehauenem Kalkstein. Rund um den Hafen und entlang der Küste sieht die Gegend sehr nach Industriegebiet aus. Aber im Zentrum der Stadt, die vom Meer weg hinauf in die Hänge gebaut wurde, liegt Baha'i Garden. Die Baha'i gehoeren einer anderen Religion an, die jeder Christ und jeder Jude neben seiner "Hauptreligion" leben kann, aehnlich eines Zweitglaubens. Die heiligen Gärten sind mit einem Perfektionismus angelegt, der fast manisch wirkt. Überall symmetrische Blumenbeete, exakt in Form geschnittene Pflanzen, das Gras wird millimetergenau nachgemäht. Nirgendwo gibt es einen einzigen Halm Unkraut. Ich lehne mich über die verschörkelte Steinbrüstung und bestaune den Blick aufs Meer hinaus. Unter uns liegt die Stadt und dahinter ist nichts als Wasser, bis zum Horizont.

Unser nächster Halt ist Akko. Diese kleine Stadt ist ländlicher, die Gassen sind enger und die Häuser eher flach, aus hellem Sandstein. Wir laufen zu einer alten Zitadelle aus der Tempelritterzeit. Von dort oben hat man einen Blick direkt aufs Meer. Über zehn Meter unter uns brechen sich die Wellen an den Steinen und ein paar junge Einheimische klettern hier auf der Mauer herum. Und plötzlich springt einer von hier oben ins Wasser! Die anderen machen es ihm nach und zum Glück trifft keiner die spitzen Felsen die hier und da aus dem viel zu flachen Wasser ragen. Von uns traut sich - Überraschung - keiner, hinterher zu springen. Und das trotz Badeerlaubnis.
Akko ist eine angenehme Abwechslung zu der Großstadtatmosphäre der letzten beiden Tage. Wir begegnen nur ein paar wenigen Touristen. Dafür sitzen buchstäblich an jeder Ecke ein oder zwei Leute auf Klappstühlen (oder einfach auf der Bordsteinkante) und rauchen Wasserpfeife. Hier trifft das Klischee des Mittleren Ostens zu - an Shishas kommt hier keiner vorbei.

Montag, 22. September 2014

Day 1/Part II - Basar und zurück nach Tel Aviv

Auf der Rückfahrt halten wir in Jerusalem und haben Zeit, über einen jüdischen Basar zu schlendern. Leider ist die Dreiviertelstunde, die uns bis zur eigentlichen Rückfahrt bleibt, viel zu schnell vorbei. Zwischen all den Ständen mit verschiedenstem an Brot, getrockneten Früchten, Gewürzen, Tüchern, Obst, Käse, Süßigkeiten und allen möglichen anderen Dingen weiß ich nicht, wo ich zuerst hinschauen soll.


Ein lautes Stimmengewirr hängt in der Luft; manchmal mischt sich der Duft von frischem Nussgebäck und Falaffel mit dem Geruch von rohem Fisch, der hier einfach offen auf Eiswürfeln (eher auf Eisbrocken) zum Verkauf ausliegt. Die Händler preisen laut ihre Waren an und ich kann mich gar nicht sattsehen. Aber in den nächsten Tagen werden wir noch zwei oder drei andere Basare besuchen. Das beruhigt ein wenig und wir laufen einfach kreuz und quer und saugen diese Eindrücke in uns auf.



Zurueck in Tel Aviv wollen wir endlich zum Strand. Es ist noch nicht spät am Abend und so schaffen wir es gerade noch rechtzeitig zum Meer, als die Sonne untergeht. Das Wasser hat fast Badewannentemperatur, aber durch den starken Wind ist das ziemlich angenehm. Wir schwimmen ( oder besser: waten) hinaus bis zu einer Art Halbkreis von Felsen, der hier die Küste umschließt. Die Austauschgruppe trudelt nach und nach ein, manche von unseren israelischen Hosts können wir erst jetzt richtig begrüßen. Irgendjemand hat einen Frisbee mitgebracht, wir teilen uns Weintrauben & Dosenbier, und der Abend klingt sehr entspannt aus, mit Wellenrauschen als Hintergrundmusik.

Day 1/Part I - Yad Vashem

Boker tov! Guten Morgen!
Das Gefühl, von all dem Neuen etwas überrumpelt zu sein, hat sich über Nacht nicht wirklich gelegt, im Gegenteil. Der Gastvater erzählt uns, dass der Morgen in Israel ganz anders abläuft, als in Deutschland. Normalerweise steht unsere Gastfamilie ohne viel Getrödel auf, zieht sich an, kippt einen schnellen Tee hinunter und dann geht's auch schon auf die Arbeit oder in die Schule. Dafür brauchen sie morgens hoechstens eine Viertelstunde, ausgedehntes Frühstück und allmählich sanfte Aufwachen: Fehlanzeige. Der Start in den Tag ist radikal gekürzt. Wegen uns stehen wir ber ein bisschen eher auf, ganz so routiniert wuerde ich den Morgen nicht auf die Reihe bekommen. Aber das ist sicher Gewöhnungssache, wir sind ja erst gestern Abend angekommen.

Mit soviel Wasser im Gepäck, dass man damit fast ein ausgedorrtes Flussbett wiederbefüllen koennte, geht es mit dem Bus nach Jerusalem. Bei 27 Grad um acht Uhr morgens und blendender Sonne ist das aber keine schlechte Idee. Genauso wie der Ratschlag unserer Gastfamilie, möglichst immer ein Kopftuch oder einen Hut zu tragen. Mir wird die Sonnencreme geradezu aufgedrängt und jetzt schon machen alle Witze. Als wir gestern Nacht wieder in die Wohnung gekommen sind, kam vom Gastvater halb ungläubig, halb belustigt: "Dein Gesicht ist so rot! Wie kann das sein, es ist doch dunkel draußen!!" Das war nicht wirklich aufbauend, aber lachen musste ich trotzdem.
Jetzt da kaum eine Wolke am Himmel ist und die Sonne unbarmherzig herunterbrennt, sind aber alle Sicherheitsvorkehrungen getroffen. Ein weiterer Rat - wir sollen uns wegen der vielen Soldaten nur keine Sorgen machen. Überall in der Stadt trifft man sie ständig, und viele haben ganz lässig ihre riesigen Gewehre über der Schulter hängen. In Israel sieht so die Normalität aus. Ein Grund, sich unsicher oder gar bedroht zu fühlen, ist das aber nicht,so unsere Gastfamilie. Daran lässt ihre unbekümmerte Art auch wenig Zweifel. Sie sind zu sehr daran gewohnt, von den Bewaffneten umgeben zu sein. Aber dazu später mehr.



Nach ungefähr einer Stunde erreichen wir in Yad Vashem, die Holocaust-Gedenkstätte in Jerusalem. Dort werden wir von Guide Jonathan begrüßt. Er spricht sehr gut deutsch, was aber noch wichtiger ist: er weiß wirklich, wovon er spricht. Ich würde am liebsten soviele Dinge mitschreiben, die er uns erzählt. Und das wörtlich, denn seine Formulierungen sind oft zititerwürdig. "Es ist wichtig, Geschichte mit all den Hintergründen zu betrachten. Aber fast noch wichtiger ist es, zu versuchen, durch die Augen der Betroffenen zu sehen." Um nur eine zu nennen.
Die Gedenkstätte ist mehr ein großes Areal aus verschiedenen Gebäuden, aber auch draußen sind Dinge verteilt, wie der Garten der Völker, steinerne Gedenktafeln, Bänke zwischen knorrigen, lichten Bäumen. Das eigentliche Museum ist eine Art Dreiecksbau. Zwei Seitenwände stehen schräg und nach oben spitz aufeinander zu. Diese langgezogene Spitze ist verglast, Fenster gibt es sonst keine. Das bedeutet, man läuft einen festgelegten Weg entlang, der in Schlängellinien leicht ansteigt in Richtung des Ausgangs. Der ist auf der anderen Seite des Gebäudes und liegt höher als der Eingang. Meistens ist es dämmrig, aber zwischen den einzelnen Abschnitten, die die jüdische Geschichte zeigt, wird immer wieder der Blick hoch zum Himmel frei. Durch die verglaste Spitze fällt Sonnenlicht herein. Jonathan erklärt, dass der Architekt damit den Weg der Juden verbildlichen wollte, den sie nicht frei wählen konnten (deshalb wird man als Besucher eine Art Pfad entlanggeleitet). Das Licht von oben soll die Hoffnung darstellen, die trotz allem immer existiert. Am Ende, quasi im Heute angekommen, wird der Anstieg stärker und man läuft der dreieckigen verglasten Front entgegen. Die Terasse dahinter gibt dann den Blick über das eigentliche Jerusalem frei - es versinnbildlicht die offene Zukunft.


Der Besuch ist sehr eindrucksvoll. Am krassesten war aber die Gedenkstätte fuer die im Holocaust ermordeten Kinder: Ein Raum mit verspiegelten Wänden, komplett dunkel und nur erhellt durch fünf brennende Kerzen, deren Licht sich hundertfach überall spiegelt. Man steht mitten in dieser Dunkelheit und eine Stimme liest unablässig die Namen, das Alter und das Herkunftsland der Kinder vor, die vor im Dritten Reich ihr Leben lassen mussten. Im Hintergrund hört man leisen Gebetsgesang. Ich kann mich nur schwer lösen und selbst draußen in der heißen Sonne verschwindet die Gänsehaut nur langsam.

Sonntag, 21. September 2014

Arrival

Fast so, als würde Deutschland sich nochmal von seiner trübesten Seite zeigen und uns geradezu wegjagen, diesen Eindruck macht es, als wir im Platzregen über den nassen Asphalt zu unserem wartenden Flugzeug rennen. Bei diesem unangenehmen Abschiedsgruß vom Himmel hier zuhause fällt der Abschied nicht gerade schwer - denn wenn wir ein paar tausend Kilometer weiter südlich landen werden, fällt der Empfang wahrscheinlich um einiges sonniger aus.


Knapp vier Stunden nachdem das Flugzeug gestartet ist, hat der Wolkenteppich unter uns die Sonne verschluckt. Beim Landeanflug taucht vor uns dann die Küste auf, im Dunkeln ist nur ein einziges Meer aus Lichtern zu sehen. Tel Aviv scheint sich bis zum Horizont zu erstrecken, die Ausmaße sind ein bisschen respekteinflößend.
Am Flughafen bekommen wir kurz eine Art Kulturschock - Im Vergleich zu Schönefeld ist das hier Luxus Pur. In der Mitte von einem Kreis aus Geschäften steht ein riesiger beleuchteter Springbrunnen, sogar von der Decke tropft Wasser. Auch sonst sieht die Wartehalle und die Fassade ziemlich hochwertig aus, viel Glas und helle Steinblöcke; draußen ein paar Grünflächen mit Palmen. Wesentlich angenehmer als in Deutschland ist die Lautstärke. Hier ist es viel ruhiger, eigentlich ungewöhnlich für Israelis.

Der Empfang bei unserer Gastfamilie (wir sind zu zweit bei einem Zwillingspärchen untergebracht) ist dann unglaublich herzlich. Ich bin ziemlich überrumpelt von der Gastfreundlichkeit. Wir werden quasi an den Tisch gezwungen, die Gastmutter hat ein Wahnsinns-Abendbrot vorbereitet - selbstgemachten Hummus, Falaffel, Blätterteigtaschen mit Kartoffelfüllung, Fladenbrot, Mango, Granatapfel, Palmfrüchte.... und sofort wird uns alles gezeigt,wenn wir etwas brauchen, dann einfach ein Wort sagen. Dann gehen wir noch einmal raus, unsere Israelis zeigen uns die Umgebung, die Schule, die Häuser und "Parks"
 Aber davon schreibe ich später mehr. Der Tag war am Ende doch ziemlich lang und jetzt macht sich das bemerkbar. Erstmal ein paar Stunden schlafen und diese ersten Eindrücke verarbeiten, die auf uns eingestürzt sind.

Samstag, 20. September 2014

WIZARD-Zwischenspiel

Am Flughafen angekommen wird uns gesagt, dass wir zu zeitig sind. Ganze drei Stunden. Allgemeine Begeisterung ruft das nicht gerade hervor, aber so verstreut sich eben die ganze Gruppe nochmal und entspannt. (Wir sind 14 Schüler und 4 erwachsene Begleitpersonen.)
Zu fünft suchen wir uns eine ruhige Ecke und schlagen das "Basislager" auf. Als Zeitvertreib bleibt Kartenspielen. So vergeht die Zeit doch relativ schnell, bis wir uns dann endlich gegen halb zwölf zum Check-In-Schalter aufmachen. Flughafenstress - Fehlanzeige. Stattdessen beobachten wir bei der Gepäckaufgabe die anderen Reisenden. Von asiatischer Großfamilie, offensichtlich beim Auswandern, über kaum ein paar Wochen alte Babys bis zu einem Mönch in Ordenskutte ist alles dabei.

Donnerstag, 18. September 2014

Countdown

Noch zweimal schlafen, dann ist Samstag, dann geht es endlich los. Um 6:30 Uhr treffen wir uns zur Abfahrt.
Um halb sieben.
Morgens.
An einem Samstag.
Das wäre normalerweise für jeden Schüler der reinste Albtraum. Aber bei diesem Anlass kann man durchaus mal eine Ausnahme machen, ja der Tag wird definitiv mehr als ertragbar werden! Denn langsam steigt zumindest bei mir die Spannung; der Countdown in meinem Kopf hat schon vor ein paar Tagen begonnen...
Bis unsere Gruppe - wir sind 15 Schüler, drei Lehrer und ein Referent des Landesjugendpfarramtes - in Israel ankommt, wird es aber eine Weile dauern. Zuerst fahren wir mit dem Bus zum Flughafen Berlin Schönefeld und von da aus geht unser Flugzeug in den Nahen Osten. Wenn wir am Abend in Tel Aviv landen, werden wir dann nach knapp drei Monaten unsere israelischen Freunde wiedertreffen - dieses Mal aber in ihrer Heimat. Sie sind diesmal unsere Gastfamilien und wir werden eine Woche bei ihnen zu Hause wohnen. Vielleicht bedeutet genau das, die andere Umgebung und unsere gewissermaßen getauschten Rollen, dass wir uns nocheinmal von einer ganz anderen Seite kennenlernen.
Auf jeden Fall freue ich mich auf das Wiedersehen, genauso wie auf unsere gesamte Reise. Jerusalem, der See Genezareth, das Tote Meer... um quer durch Israel zu fahren, braucht man zum Glück nicht allzu lange. Aber aus der Nähe von Gaza werden wir uns fernhalten, wie soll es auch anders sein. In der momentanen Situation bin ich sehr froh und dankbar, dass wir unsere Partnergruppe überhaupt besuchen können.
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Allmählich macht sich die Aufregung bei mir bemerkbar. Wird alles bei der Einreise klappen? Geht in letzter Sekunde noch irgendetwas schief? Was ist, wenn wir uns mal verlieren, in diesem fremden Land, wo niemand von uns ein Wort versteht? Wie werden uns die israelischen Gastfamilien aufnehmen, wie läuft für sie der Alltag ab?
Doch bevor ich das herausfinde, heißt es jetzt erstmal: Gedanken zusammennehmen - Kofferpacken ist angesagt!